Interpellation

Interpellation

"Töfflärm macht krank"


Am 25. Februar 2013 überreichte Kantonsrat Werner Ritter-Sonderegger (CVP) dem Regierungsrat des Kantons St. Gallen die Interpellation "Töfflärm macht krank". Sie wurde von 13 Kantonsräten mitunterzeichnet. Dazu gehören alle Kantonsräte von Altstätten aus allen Parteien.

Die Antwort des Regierungsrats mit Kommentaren des Vereins Anstoss folgt unten.

Kantonsrat St.Gallen 51.13.07

"Töfflärm macht krank"

Interpellation Ritter-Sonderegger Altstätten (13 Mitunterzeichnende)

Vom Frühling bis in den Herbst ist die Stossstrasse von Altstätten nach Gais eine beliebte Route für Motorradfahrerinnen und -fahrer. Neben solchen, die sich rücksichtsvoll verhalten, gibt es viele, welche die Verkehrsregeln nicht einhalten, mit stark übersetzter Geschwindigkeit fahren, gefährlich überholen und massiv unnötigen Lärm verursachen, indem sie hochtourig und oft auch wiederholt die Stossstrasse hinauf und hinab fahren. Vor allem durch den übermässigen Lärm beeinträchtigen sie die Lebensqualität der Anwohnerinnen und Anwohner in hohem Mass und gefährden ihre Gesundheit. Wirksame Massnahmen zur Bekämpfung des übermässigen Töfflärms wurden bis anhin von den zuständigen Behörden nicht ergriffen.

Ich bitte die Regierung um Beantwortung der folgenden Fragen:

1. Teilt die Regierung die Auffassung, dass die Anwohnerinnen und Anwohner der Stossstrasse von Altstätten nach Gais vom Frühling bis in den Herbst durch Töfflärm übermässig belastet werden?

2. Mit welchen Massnahmen stellt die Regierung sicher, dass die Belastung der Anwohnerinnen und Anwohner der Stossstrasse von Altstätten nach Gais durch Töfflärm künftig auf ein verträgliches Mass reduziert wird?

3. Wann werden die Massnahmen zur Reduktion des Töfflärms an der Stossstrasse von Altstätten nach Gais umgesetzt und wer ist dafür verantwortlich?

25. Februar 2013                                                       Ritter-Sonderegger-Altstätten

Ammann-Rüthi, Bühler-Altstätten, Dietsche-Oberriet, Dürr-Widnau, Forrer-Grabs, Gschwend-Altstätten, Hasler-Widnau, Heim-Gossau, Huser-Altstätten, Maurer-Altstätten, Schöbi-Altstätten, Suter-Rapperswil-Jona, Warzinek-Mels


Antwort des Regierungsrats


> mit Kommentaren des Vereins AnStoss

Kantonsrat St.Gallen 51.13.07 

Interpellation Ritter-Sonderegger- Altstätten (13 Mitunterzeichnende) vom 25. Februar 2013

Töfflärm macht krank 

Schriftliche Antwort der Regierung vom 27. August 2013 

Werner Ritter-Sonderegger-Altstätten stellt in seiner Interpellation vom 25. Februar 2013 ver-
schiedene Fragen zum Töfflärm auf der Stossstrasse von Altstätten nach Gais. Die Strasse sei insbesondere vom Frühling bis in den Herbst eine beliebte Route für Motorradfahrerinnen und -fahrer. Wirksame Massnahmen seien bis anhin von den zuständigen Behörden nicht ergriffen worden.  

Die Problematik des Töfflärms wurde bereits in der Interpellation Gschwend-Altstätten 51.09.41 «Lärm macht krank – Töfflärm erst recht» vom 21. April 2009 aufgegriffen. In jener Interpellation wurden ähnliche Fragen – von der Regierung am 11. August 2013 schriftlich beantwortet – aufgeworfen. Die Fragen bezogen sich jedoch nicht ausschliesslich auf die Stossstrasse, sondern auch auf andere St.Galler Passstrassen wie etwa den Stoss, Ruppen, Ricken oder die Wasserfluh.  

> Die Interpellation von Meinrad Gschwend ist uns bekannt. Wir können auch diesen Vorstoss vorbehaltlos unterstützen.

Die Regierung antwortet wie folgt: 

1. Seit Februar 2012 betreibt das Baudepartement an der Stossstrasse eine Verkehrszählstelle, die eine detaillierte Erhebung der einzelnen Fahrzeugklassen erlaubt. Die Auswertung des ersten Jahres (Februar 2012 bis Januar 2013) ergab einen relativ hohen Motorradanteil von jährlich durchschnittlich sieben Prozent. Die Gründe dafür liegen zum einen in der für Motorradfahrerinnen und -fahrer hohen Attraktivität der Strecke und zum anderen in der für eine Kantonsstrasse geringen Verkehrsbelastung. In den Sommermonaten 2012 stieg der Motorradanteil bis auf rund dreizehn Prozent an. In den am stärksten frequentierten Monaten Mai und August 2012 benutzten pro Tag rund 440 Motorradfahrerinnen und -fahrer die Stossstrasse. Insofern kann von einer übermässigen Motorradlärmbelastung gesprochen werden. Die Regierung ist sich dessen bewusst.

> Wir sind dankbar, dass eine Verkehrszählstelle betrieben wird und die St. Galler Regierung eine "übermässige Motorradlärmbelastung" anerkennt.

Für Lärmsanierungen an Kantonsstrassen sind nicht die täglichen oder monatlichen Spitzenbelastungen, sondern die Lärmwerte im Jahresmittel relevant (vgl. Anhang 3 der Lärmschutzverordnung [SR 814.41]). Aufgrund des gesamthaft geringen Verkehrsaufkommens auf der Stossstrasse mit entsprechend geringer Gesamtlärmbelastung ist dieser Kantonsstrassenabschnitt in naher Zukunft nicht für ein Lärmsanierungsprojekt vorgesehen. Insofern kann nicht von einer übermässigen Lärmbelastung gesprochen werden.

> Wir sind bereits von der Schweizerischen Liga gegen den Lärm (SLL) informiert worden, dass für die Lärmwerte der Jahresdurchschnitt massgebend ist. Wir bedauern dies und werden uns mit der SLL dafür einsetzen, dass auch die Spitzenwerte mehr berücksichtigt werden.

2. Seit der erwähnten Interpellation Gschwend-Altstätten 51.09.41 sowie gestützt auf Reklamationen von Anwohnerinnen und Anwohnern richtet die Kantonspolizei ihr Augenmerk vermehrt auf die Stossstrasse. Konkret wurden und werden die folgenden Massnahmen zur Verkehrsberuhigung durchgeführt: 

> Wir danken der Kantonspolizei für dieses vermehrte Augenmerk. Leider hat sich das Lärm- und Geschwindigkeitsproblem auch nach 2009 gemäss unserer Wahrnehmung nochmals deutlich verschärft.

Geschwindigkeitsmessanlagen

Die Stossstrasse verfügt bereits beim Ortseingang von Altstätten über eine fix installierte Geschwindigkeitsmessanlage. Aufgrund der gewundenen Strecke und der Platzverhältnisse ist es schwierig, noch zusätzlich eine weitere stationäre Geschwindigkeitsmessanlage zu platzieren. 

> Diese Geschwindigkeitsmessanlage entschärft das Problem nur unmittelbar unterhalb und oberhalb dieser Anlage. Nach unserer Ansicht wäre es möglich, auch an anderen Stellen Geschwindigkeitsmessanlagen zu installieren. Ideal wäre eine mobile Anlage, wie sie andernorts angewendet wird.

Geschwindigkeitskontrollen mit Laserpistolen

Im Jahr 2010 fanden 17, im Jahr 2011 fanden 33 und im Jahr 2012 fanden 20 Lasergeschwindigkeitskontrollen statt. Bis Ende Juli 2013 wurden bereits 24 Kontrollen durchgeführt. Die Strecke ist von ihrer Topografie her allerdings nicht gut für Lasermessungen geeignet. Wird eine Motorradfahrerin oder ein Motorradfahrer zur Kontrolle angehalten, sind andere Fahrer vorgewarnt und wählen eine andere Strecke für ihre Fahrten. Auch sind die Motorradfahre-
rinnen und -fahrer untereinander gut organisiert und warnen sich gegenseitig oder schicken einen «Späher» voraus. Darüber hinaus fanden noch weitere spontane Geschwindigkeitskontrollen durch den Technischen Verkehrszug, den Polizeiposten Altstätten und die Mobile Polizei Thal statt.

> Wir sind dankbar für alle Geschwindigkeitskontrollen. Auch wenn sie keine messbaren Resultate bringen: Die Polizeipräsenz beruhigt den Verkehr und wirkt abschreckend.

Lärmkontrollen

Im Herbst 2012 bis in den Sommer 2013 wurden punktuell Lärmmessungen mit einem neuen Lärmmessgerät vorgenommen. Um gerichtsverwertbare Messungen zu erhalten, sind komplizierte Normen und Auflagen einzuhalten, so dass es äusserst schwierig ist, vor Ort gerichtsverwertbare Messergebnisse zu erhalten. Zudem sind Motorräder heute so gebaut, dass sie bei den im Typenschein vorgeschriebenen Touren die vom Gesetz vorgeschriebenen Lärmgrenzwerte problemlos einhalten. Es kommt also auf die Fahrweise an, ob ein Motorrad als laut oder leise empfunden wird. Daher gelang es nicht, eine wirkungsvolle Anzahl
entsprechender Verzeigungen zu generieren. 

> Wir bedauern die unzureichenden Lärmgrenzwerte und befürworten weitere Lärmkontrollen. Sie wirken abschreckend. Aus Insiderkreisen ist uns bekannt, dass auch die meisten Harleys für einen "besseren Sound" und mehr Drehmoment abgeändert werden.

Sichtbare Kontrollen

Es wurden auch unzählige sichtbare Polizeikontrollen durchgeführt. Zwar sind diese Kontrollen nicht sehr ergiebig, sie zeigen aber, dass die Polizei präsent ist und die Situation beobachtet.

> Auch dafür sind wir dankbar. Sie mögen wohl nicht sehr ergiebig bezüglich messbaren Geschwindigkeitsübertretungen oder sonstigen Übertretungen sein, bringen aber wiederum Momente der relativen Ruhe und dienen der Abschreckung.

Gemeinsame Motorradkontrollen mit der Kantonspolizei Appenzell Ausserrhoden

Gemeinsam mit der Kantonspolizei Appenzell Ausserrhoden wurden mehrere Motorradkontrollen pro Jahr geplant und teilweise durchgeführt. Die Problematik dieser Kontrollen lag in den Wetterverhältnissen, denn bei Regen gab es auf der Stossstrasse fast keine Motorradfahrer. Somit mussten diese Kontrollen wiederholt abgesagt werden. In Zukunft sollen solche Kontrollen etwas flexibler organisiert werden. 

> Wir begrüssen selbstverständlich diese interkantonale Zusammenarbeit und die Bereitschaft, die Kontrollen flexibler zu gestalten.

Unfallschwerpunktanalyse

Die Kantonspolizei hat die Unfalllage auf der Stossstrasse analysiert. Seit die Strasse mit Blick auf die eruierten Unfallschwerpunkte saniert wurde, sind die Unfallzahlen markant zurück gegangen. Zurzeit ist die Stossstrasse unauffällig und daher keine Unfallstrecke mehr. Die Behebung der Sicherheitsmängel führte zu mehr Sicherheit. In der Vergleichszeit 2003 bis 2007 ereigneten sich auf der Stossstrasse zwischen Altstätten und der Kantonsgrenze zu Appenzell Ausserrhoden 57 Verkehrsunfälle und seit 2008 bis Ende 2012 deren 35. An
diesen Unfällen waren insgesamt 31 Motorräder beteiligt, wobei nicht alle Unfälle durch Motorradfahrerinnen oder -fahrer verursacht wurden. Der Ausbau der Strecke führte damit zu mehr Sicherheit, machte die Strecke damit aber auch für Motorradfahrerinnen und -fahrer attraktiver.

> Wir danken für diese Einsicht. Die Stossstrasse wurde tatsächlich u. a. mit den Leitplanken inklusive Unterfahrschutz zu einer perfekten und beliebten "Rennstrecke" ausgebaut, nicht nur für MotorradfahrerInnen, sondern auch vermehrt für Autofahrer. Sie bleibt für die korrekt fahrenden VerkehrsteilnehmerInnen, vor allem aber auch für VelofahrerInnen und FussgängerInnen äusserst gefährlich. Wir kennen Geschichten von FussgängerInnen, die sich nur noch durch einen Sprung aus Todesgefahr retten konnten und von AutofahrerInnen, die aus Angst vor den Rasern auf der Stossstrasse nach Appenzell den Umweg über Eichberg-Eggerstanden wählen.

Beratung der Anwohnerinnen und Anwohner

Gestützt auf Anfragen einzelner Anwohnerinnen und Anwohner sowie der örtlichen Schulgemeinde hat die Kantonspolizei Massnahmen geprüft und, sofern möglich, Lösungen erarbeitet. Die Stadt Altstätten wurde jeweils über die Ergebnisse in Kenntnis gesetzt. Die Kantonspolizei nimmt die Anliegen der Anwohnerinnen und Anwohner ernst und arbeitet laufend daran, die Situation an der Stossstrasse zu verbessern. Bis zum heutigen Zeitpunkt wurden sowohl durch das Baudepartement als auch durch die Kantonspolizei verschiedene Massnahmen umgesetzt, die alle die Verbesserung der Verkehrssituation an der Stossstrasse zum Ziel hatten.  

> Wir sind sehr froh, dass die Kantonspolizei unsere Anliegen ernst nimmt und Verbesserungen eingeleitet hat. Wir möchten aber gerne genauer wissen: Welche konkreten Lösungen wurden erarbeitet? Welche konkreten Massnahmen wurden umgesetzt?

Reduktion der zulässigen Höchstgeschwindigkeit

Auch die Wirkung punktueller Temporeduktionen wurde geprüft. Die Auswertung dieser Messungen hat gezeigt, dass eine Änderung der Signalisation an der Stossstrasse keine wesentliche Reduktion der tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeiten ergeben würde. Das alleinige Aufstellen von Signalen – z.B. 60 km/h – hat praktisch keine relevante Geschwindigkeitsreduktion zur Folge, da die Verkehrsteilnehmenden ihre Geschwindigkeit der örtlichen Situation und dem Erscheinungsbild der Strasse (Strassenverlauf, Überbauung usw.) anpassen. Im Übrigen wären die rechtlichen Voraussetzungen zur Herabsetzung der Höchst-
geschwindigkeit von aktuell 80 km/h wohl nicht erfüllt (vgl. Art. 32 Abs. 3 des Strassenverkehrsgesetzes [SR 741.01; abgekürzt SVG] sowie Art. 108 Abs. 1 der Signalisationsverordnung [SR 741.21]). Zudem sollen korrekt fahrende Verkehrsteilnehmer weiterhin 80 km/h fahren dürfen. 

> Wir erlauben uns, die mangelnde Wirkung einer Reduktion auf 60 km/h zu bezweifeln, vor allem auch angesichts der gegenwärtig drohenden Strafmassnahmen. Auch der Verein "Lärm am Albis" legt das langfristige Augenmerk auf die Geschwindigkeitsgrenze von 60 km/h. Der zunehmende Verkehrsdruck macht aussergewöhnliche Massnahmen notwendig. 

Plakataktion

Im Herbst 2012 wurde in Absprache mit den Anwohnern und dem Verkehrs-Club der Schweiz VCS versuchsweise eine Plakataktion «Slow down, take it easy» gestartet. Die Kantonspolizei hat kurz darauf fünf Plakatständer gekauft und ab Ende März 2013 eine neue Plakataktion auf der Stossstrasse sowie auf anderen beliebten Strecken gestartet. Diese Aktion wird bis Ende Motorradsaison 2013 durchgeführt und wird in der Saison 2014 weitergeführt. Die Plakate weisen darauf hin, dass schnelles, lärmendes Fahren verboten ist und von der Polizei geahndet wird.

> Wir sind sehr froh um diese Massnahme und begrüssen die Fortsetzung der Aktion.

Die Regierung plant, die obigen verkehrspolizeilichen Massnahmen aufrechtzuerhalten und ständig zu optimieren. Eine Intensivierung der Massnahmen ist allerdings wegen den knappen Ressourcen der Kantonspolizei zurzeit nicht möglich. 

> Wir begrüssen die Weiterführung der Massnahmen ausdrücklich und befürworten, dass angesichts der knappen Ressourcen der Kantonspolizei andere, personal weniger intensive und nachhaltig wirksame Vorkehren getroffen werden. Gerne möchten wir genauer wissen: Was wird unter "ständiger Optimierung" verstanden? Sind hier auch unsere Hinweise gefragt?

3. Zuständig für die Aufrechterhaltung und die ständige Optimierung der verkehrspolizeilichen und baulichen Massnahmen auf der Stossstrasse sind die Kantonspolizei und das Baudepartement. Dabei wird, wie unter Ziffer 2 ausgeführt, schon heute sehr viel unternommen, um die Situation zu verbessern. 

> Wir möchten es gerne wieder genauer wissen: Was genau wird unternommen?

Soweit die Verantwortung angesprochen ist, ist die Selbstverantwortung der Motorradfahrerinnen und -fahrer in Erinnerung zu rufen. Allem voran haben sie neben den signalisierten Höchstgeschwindigkeiten auch die Grundregel von Art. 32 Abs. 1 SVG zu beachten, wonach die Geschwindigkeit stets den Umständen anzupassen ist. Letztlich sind es also die Motorradfahrerinnen und -fahrer selbst, die für die Reduktion des Töfflärms an der Stossstrasse von Altstätten nach Gais zu sorgen haben. 

> Mit diesen Formulierungen ziehen sich alle Beteiligten aus der Verantwortung. Wir müssten uns nicht wehren, wenn alle Motorrad- und AutofahrerInnen ihre Selbstverantwortung wahrnehmen würden. Dies war und ist offensichtlich nicht der Fall. Genau deshalb haben wir uns ja um die Unterstützung von Polizei und Politik bemüht und viel Arbeit und Engagement investiert!